Bei der Erforschung meiner Vorfahren stieß ich bei Detlev Buchwald auf das Todesdatum 17.02.1500, welches kommentarlos in den mir vorliegenden Unterlagen stand. Halt, dachte ich, das Datum kennst du irgendwoher, da war doch was ... natürlich - ich hatte damals im Geschichtsunterricht einigermaßen aufgepasst - die Schlacht bei Hemmingstedt ! Also begann ich weiter nachzuforschen, und tatsächlich, Detlev Buchwald, Adliger und Ritter aus Schleswig Holstein, war bei dem Feldzug des Dänenkönigs nach Dithmarschen ums Leben gekommen.
Kurze Übersicht über die damaligen Ereignisse:
Phantasievolle Darstellung der
Schlacht bei Hemmingstedt aus der
Mitte des 19. Jahrh. Links Jungfrau
Telse von Wöhrden mit dem Kreuz
Der Dänenkönig Johann und sein jüngerer Bruder Friedrich Herzog von Holstein wollten sich das benachbarte Dithmarschen unter Waffengewalt einverleiben. Sie hatten sich für diesen Feldzug zur Verstärkung ihrer Armee die "Schwarze Garde" unter Junker Slenz gemietet. Diese berüchtigte, schwer bewaffnete Truppe von etwa 4.000 Landsknechten hatte sich auf die Unterwerfung von freien Bauernrepubliken spezialisiert und war für ihre Rücksichtslosigkeit bekannt. Ihr Schlachtruf war: "Wahr Di, Buer, de Gaar de kummt" (Wehr dich, Bauer, die Garde kommt).
Dazu kamen auf dänischer Seite die adlige Ritterschaft aus Schleswig - Holstein bzw. benachbarten Ländern mit ihren Knappen, insgesamt um die 2.000 Mann, und geschätzte 5.000 Mann der Landwehr, also wehrpflichtige Bürger und Bauern, die Artillerie und der Troß.
In den folgenden Tagen ging es nicht gerade zimperlich zu. Am 13. Februar 1500 stürmte und plünderte dieses Heer die einstige Dithmarscher Hauptstadt Meldorf und richteten dort angeblich ein großes Blutbad an. Am 17. Februar zog das Heer dann weiter gegen Heide. Die Dithmarscher Bauern hatten derweil die damals etwa 3 km entfernten Deichsiele geöffnet und so mit der Mittagsflut große Teile des Landes unter Wasser gesetzt. Daneben hatten sie an dem schmalen Landweg nach Heide eine Schanze aufgeworfen. Ausserdem hatte sich das Wetter ziemlich verschlechtert, sodaß der dänische Troß nicht sehr schnell vorankam und buchstäblich im Schlamm steckenblieb. Der Troß hatte Meldorf noch nicht ganz verlassen, als die Spitze schon auf diese Schanze traf.
Hier entbrannte ein heftiger Kampf, wobei die Dithmarscher Bauern - etwa 3.000 Mann, angeführt von Wulf Isebrand und der sagenumwobenen Jungfrau Telse von Hochwöhrden - trotz Unterzahl im Vorteil waren, weil sich die schweren Ritter und deren Troß auf dem schmalen, schlammigen Weg nicht besonders gut bewegen konnten. Die Dithmarscher dagegen trugen leichte Rüstungen und bewegten sich mit Hilfe von Springstöcken einigermaßen leichtfüßig über die Gräben.
Unter dem Schlachtruf "Hilf, Maria, milde" und mitsamt der holden Jungfrau stürzten sich die Dithmarscher Bauern auf das in dieser Situation mehr oder weniger hilflose Ritterheer, wobei die ersten beiden Angriffswellen noch von den Dänen abgeschlagen werden konnten. Zunehmend in die Enge getrieben geriet der Treck jedoch bald in Panik und konnte weder eine brauchbare Verteidigung aufbauen noch umkehren, weil die Straße zu schmal war.
Viele der Ritter und Landsknechte wurden nicht
getötet, sondern ertranken bei dem Versuch, die Straße zu verlassen.
Andere blieben wiederum hoffnungslos im Schlamm stecken und bildeten leichte
Ziele. So konnte das für damalige Zeiten riesige Heer vernichtend
geschlagen werden. Die Dithmarscher - verständlicherweise böse
auf die schleswig - holsteinischen und dänischen Invasoren - erschlugen
dabei alle Feinde, deren sie habhaft werden konnten.
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Wieviele Menschen bei den Kämpfen genau ums Leben gekommen sind, lässt sich heute natürlich nicht mehr feststellen. Es werden wohl einige tausend gewesen sein. Nach der Schlacht wurden von den Dithmarschern nur die "einfachen Soldaten" zusammen mit toten Pferden in Massengräbern beerdigt, die Mitglieder des Adels ließ man als Anstifter zur Strafe kleiderlos so lange auf dem Schlachtfeld liegen, bis sie nicht mehr zu erkennen waren. Neben dem Dannebrog und der dänischen Kriegskasse machten die Dithmarscher reiche Beute in Form von Artillerie - Kannonen (sogenannten Feldschlangen), Waffen, Rüstungen, vielen Fuhrwerken und Troßwagen. In diesem Zusammenhang wird oft ein Wagen voll gebrateten Hühnern erwähnt.
Über die Zahl der schleswig - holsteinischen Ritter und der Ritter aus den benachbarten Ländern gibt es keine genauen Angaben. Es wird im allgemeinen angenommen, das deren Heer aus etwa 2.000 Mann bestand, wovon etwa ein Viertel Ritter und drei Viertel Knappen (Gudemanns) waren. Große Trauer über die vielen Opfer war in den schleswig - holsteinischen Familien, fast jede holsteinische Adlesfamilie hatte mindestens einen Toten zu beklagen. Oft waren auch mehrere Brüder, Väter und Söhne oder Vettern nicht zurückgekehrt. Genau so groß waren aber die Verluste in der einfachen namenlosen Landbevölkerung, viele kleine Hofstellen blieben verwaist.
Inzwischen ahne bzw. weiss ich von 4 direkten
Vorfahren und zwei Brüdern von direkten Vorfahren, die damals umgekommen
sind. Alle haben auf Seiten der schleswig - holsteinischen Ritterschaft
gekämpft. Ob auch einige meiner Vorfahren auf der Seite der Ditmarscher
mitgekämpft haben, kann ich nicht sagen, da das Land Kehdingen aber
ebenso wie Ditmarschen zum Erzbistum Bremen gehörte und deswegen die
beiden Länder wohl intensive Beziehungen unterhielten, ist es nicht
auszuschliessen.
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Wie sind nun der schleswig - holsteinische Adel und die Schlacht bei Hemmingstedt mit dem Land Kehdingen verbunden ?
Es scheint so, das die schleswig - holsteinischen
Hof- und Gutsbesitzer insbesondere nach dem 30 - jährigen Krieg Güter
im Land Kehdingen kauften. Während das Land Kehdingen damals von vielen
Feldzügen, Räubern und Sturmfluten gebeutelt wurde und so viele
Gutsbesitzer verarmten und aufgaben, ging es den Schleswig - Holsteinern
noch recht gut, und sie ergriffen die Gelegenheit, Grundbesitz für
ihre Kinder im nahen Kehdingen zu erwerben. So finden sich seit dieser
Zeit einige alteingesessene holsteiner Familien - wie zum Beispiel die
von Rantzau - auch in Kehdingen.
Erstellt am : 14.02.2001
Last Update : 14.02.2002
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