(nach den Erzählungen meiner Urgroßmutter Lina Pudel geb. Trikojis)

Johann Obitz (manchmal auch Opitz geschrieben) war Großbürger in Drengfurt, er gehörte also zu den Stadtbewohnern, die den größten Landbesitz hatten. Außerdem besaß er einen Brauerei und eine Brennerei und 8 Stadthäuser.

Einen großen Ärger bereitete es ihm immer daß sämtliche Groß- und Kleinbürger einen gemeinsamen Wald besaßen, weil es dadurch beständig zu Streitigkeiten kam. Da die nächsten Behörden nicht ändern konnten, oder auch nicht wollten, so fasste Johann Obitz den Entschluß, selbst nach Berlin zum König zu gehen und ihm die Sache zur Entscheidung vorzulegen.

Damals gab es noch keine Eisenbahn und so musste die Reise teils zu Fuß, teils mit allen möglichen Fahrgelegenheiten gemacht werden. Vierzehn Tage soll diese Reise gedauert haben, ich weiß allerdings nicht mehr genau, ob damit nur die Hinreise, oder beides, Hin- und Rückreise, gemeint sind.

Als er nach Berlin und zum königlichen Schloß kam, wollte ihn die Schildwache nicht hineinlassen. Zufällig sah jedoch der König (Friedrich Wilhelm III) aus dem Fenster und rief: „Schildwache, laß er doch den alten Mann herauf !“  Nachdem nun der Urgroßvater dem König die ganze Sache vorgetragen hatte, klopfte ihm der König auf die Schulter und sagte: „Geh er nur ruhig nach Hause, Alterchen, der Wald wird geteilt.“

Von da ab beginnt das Elend der Familie. Als der Urgroßvater nach Hause kam, hat ihn die dortige Behörde zunächst eine Woche ins Rathaus gesperrt, dafür, das er alle Instanzen übergangen hatte. Seine Enkeltochter Lina Depkath musste ihm täglich dorthin das Essen bringen. Das gab nun die Veranlassung zu einem jahrelangem Prozeß, der den Johann Obitz vollständig ruinierte und zu einem armen Mann machte. Sein Ziel hat er erreicht, der Wald wurde endlich geteilt. Aber ihm selbst ist es im Alter recht schlecht ergangen, er hat nur noch eine einzige Kuh und ein Grundstück in Drengfurt besessen ...
 
 

Erstellt am : 06.02.2002
Last Update : 06.02.2002